Es gibt Geschichten, bei denen man sich fragt, können sie wahr sein oder sind sie Fiktion. Doch sie spiegeln die Realität, das Leben wie es ist, wider. Filmemacher*innen nehmen uns mit in einzigartige, besondere, auch schmerzhafte Geschichten, hinein ins Leben zu Menschen und an Orte, in Welten, die uns fern erscheinen mögen, aber doch oft näher liegen, als wir uns vorstellen können.
Dokumentarfilme sind auf den 57. Internationalen Hofer Filmtagen mit insgesamt 28 Filmen stark vertreten. Darunter auch der österreichische Filmemacher Günter Schwaiger, der schon mehrfach seine Filme in Hof präsentiert hat, und diesmal mit der Deutschlandpremiere von „Wer hat Angst vor Braunau?“ einen sehr persönlichen Film vorstellt, der international für Aufmerksamkeit sorgte. Gern geben wir Ihnen einen Einblick:
WER HAT ANGST VOR BRAUNAU? EIN HAUS UND DIE VERGANGENHEIT IN UNS, Regie: Günter Schwaiger (Österreich 2023)
Warum wurde in Österreich noch nie ein Film über Adolf Hitlers Geburtshaus und -ort gedreht? Von dieser Frage ausgehend beginnt der Regisseur sein fünfjähriges Projekt. Er begleitet die hitzigen Debatten rund um die Nachnutzung des Hauses nach einer staatlichen Enteignung, beschäftigt sich mit „braunen Klischees“ einer Stadt und stellt sich schließlich der eigenen Familiengeschichte. Ein Fund im Zeitungsarchiv führt inzwischen zu hitzigen Historikerdiskussionen.
BIS HIERHIN UND WIE WEITER?, Regie: Felix Maria Bühler (Deutschland 2023)
Wie weit darf Klimaaktivismus gehen? Fünf Protagonist*innen versuchen nach einem Klima-Hungerstreik darauf Antworten zu finden. Lina klebt sich mittlerweile für die „Letzte Generation“ auf die Straße. Diese Form des Protests geht Taura, Guerrero, Charly und Fuchs jedoch nicht weit genug, sie wollen andere Wege finden. Der Film, der auf Interviews verzichtet, gibt intime Einblicke in das Arbeiten der Organisationen „Fridays For Future“, „Letzte Generation“, „Ende Gelände“ und „Extinction Rebellion“.
THE ART OF FRIENDS - BUSINESS UNUSUAL, Regie: Lukas Riedl (Deutschland 2023)
Eine Familienbrauerei in vierter Generation ändert ihren Kurs vom klassischen Bierbrauen, hin zu einem erlebbaren Streetart-Standort. Ein ambitioniertes Unterfangen im bayerischen Bayreuth, wo Kunst seit jeher mit dem Komponisten Wagner in Verbindung gebracht wird. Eine spannende Entwicklungsgeschichte, in der Handwerk und Kunst voneinander profitieren sollen.
QUEER EXILE BERLIN, Regie: Jochen Hick (Deutschland 2023)
Die Dokumentation begleitet sechs queere Menschen unterschiedlichster Herkunft, die Berlin als ihre Heimat gewählt haben und dort ihre Identitäten leben. Manche, weil sie wollten, andere, weil sie mussten. Der Film verwebt persönliche Geschichten und Ambitionen mit Historischem und aktuellen Entwicklungen. Ein Porträt einer Stadt, die immerwährender Sehnsuchtsort und Herausforderung zu gleich ist.
PROJEKT BALLHAUSPLATZ - AUFSTIEG UND FALL DES SEBASTIAN KURZ, Regie: Kurt Langbein (Österreich 2023)
Ein kritischer Film darüber, wie es einer Gruppe junger Männer durch akribische Planung gelang, die Regierung zu übernehmen und an den Rand der Demokratie zu führen. Ein Film, der versucht das „System Kurz“ zu entschlüsseln und den Weg des österreichischen Ex-Kanzlers anhand von Video- und Filmarchiv-Collagen sowie Schilderungen von Weggefährten nachzuerzählen.
DETZMAN WALKING, Regie: Kai-Uwe Kohlschmidt (Deutschland 2022)
Der deutsche Kolonial-Offizer Hermann Detzner versteckte sich während des ersten Weltkriegs im Dschungel des heutigen Papua-Neugineas. Später schrieb er ein verklärtes Buch über diese Zeit, das ihm zu kurzzeitigem Ruhm verhalf. Eine Künstlergruppe erforscht diese Geschichte postkolonialer Verwerfungen auf einer Expedition.
HARRAGA - DIE, DIE IHR LEBEN VERBRENNEN, Regie: Benjamin Rost (Deutschland, Marokko 2023)
Fünf marokkanische Jugendliche leben in einer Höhle unter einem Leuchtturm und nennen sich selbst: Harraga - die, die ihr Leben verbrennen. Der Film begleitet sie ein halbes Jahrzehnt zwischen einem Leben in einer Mikrogesellschaft mit eigenen Regeln und Fluchtversuchen nach Europa.
A COOLER CLIMATE, Regie: James Ivory, Giles Gardener (Vereinigtes Königreich 2022)
Im Jahr 1960 unternahm Filmemacher und Oscar®-Gewinner James Ivory, eine Reise nach Afghanistan, um Szenen für einen Dokumentarfilm zu drehen. Dieser wurde allerdings nie zu Ende gebracht. 2022, im Alter von 94 Jahren, entschied Ivory sich zusammen mit dem Editor und Dokumentarfilmer Giles Gardener das alte Material zu sichten. Daraus ist ein sehr persönlicher Film über James Ivory als Reisender, Außenseiter und Künstler entstanden.
DIE BRIEFFREUNDIN, Regie: Sarah Klewes (Deutschland 2023)
Die Regisseurin Sarah Klewes ist 12 Jahre alt, als sie in der Toskana die 77-jährige Schriftstellerin Claretta Cerio kennenlernt. Daraus entwickelt sich eine Brieffreundschaft, die bis zu Cerios Tod andauert. 2022 reist Sarah mit den Briefen im Gepäck nach Italien, um sich an ihre liebgewonnene Freundin zu erinnern. In einem Mix aus fiktionalen Szenen und dokumentarischen Interviews entfaltet sich ein Porträt einer besonderen Schriftstellerin.
HINTER GUTEN TÜREN, Regie: Julia Beerhold (Deutschland 2023)
Zwei Geschwister. Die Eltern lieben und fördern sie, üben Ihnen gegenüber aber auch rohe Gewalt aus. Für sie kein Widerspruch. Schläge, auch auf Wunden, Ohrfeigen, wenn sie hinfallen. Manchmal grundlos. Die Geschwister sind die Regisseurin und ihr Bruder. Der Film dokumentiert die Geschichte einer Familie und unternimmt den Versuch über etwas zu sprechen, das sonst gerne verschwiegen wird: Die Misshandlung der eigenen Kinder.
MUTTERLAND, Regie: Miriam Pucitta (Deutschland, Schweiz 2022)
Als Tochter wurde Regisseurin Miriam Pucitta von ihrer Mutter zu Fremden gegeben, damit diese ihren Arbeitsplatz behalten kann. War sie ein „verbotenes Kind“? Heute macht sie sich, gemeinsam mit ihrer eigenen Tochter, auf die Suche nach Spuren und Verletzungen ihrer Familie in Deutschland, Italien und der Schweiz und entdeckt ein Kapitel der Arbeitsmigration, das weithin unbekannt ist.
WAS BLEIBT - JOURNALISTINNEN IN KRISENREGIONEN, Regie: Lotta Pommerien (Deutschland 2023)
Dieser Film begleitet drei Krisenreporterinnen bei ihrer Arbeit. Er stellt die Frage, was ihr Beruf mit ihnen macht, wie sie in Stress- und Angstsituationen reagieren und ob es einen Unterschied macht, dass gerade sie als Frauen aus patriarchal geprägten Ländern und Regionen berichten.
DER SCHLAFENDE GIGANT, Regie: Markus Schröder (Deutschland 2023)
50 Jahre nach Kriegsende kehren zwei ehemalige Kommandeure der FARC-Rebellen nach Kolumbien zurück. In der feindseligen Gesellschaft erkennen sie schnell, dass die Wunden des Konflikts noch immer nicht geheilt sind. Als der neue Präsident den Friedensprozess scheitern lässt, tauchen ihre Namen auf Todeslisten des Paramilitärs auf und ein Kampf ums Überleben beginnt.
STÖRUNG, Regie: Constantin Hatz (Deutschland 2022)
Im Jahr 2015 nimmt sich der beste Freund des Regisseurs das Leben. Er war als Kind vor dem Jugoslawienkrieg geflohen, nie richtig in der neuen Heimat angekommen. Seine Gedanken hat er über Jahre hinweg zu Notizen verfasst, die eine Selbstreflexion über sein Leben, das von Krieg und Flucht geprägt war, darstellen. Mit einem Ensemble aus Laien und Schauspieler*innen bringt Constantin Hatz in fünf Episoden dieses Schriftmaterial in Monologform zu einem dokumentarischen Film.
SCHLEIMKEIM - OTZE UND DIE DDR VON UNTEN, Regie: Jan Heck (Deutschland 2023)
Der Film unternimmt eine Zeitreise durch den Untergrund der DDR bis zu ihrem Untergang. Er ist eine Dokumentation über den Punk-Musiker Dieter „Otze“ Ehrlich und seine Band Schleimkeim. Der Fall der Mauer kostet Otze nicht nur seine Feindbilder, sondern schließlich auch sein Leben.
IM LAND DER WÖLFE, Regie: Ralf Bücheler (Deutschland 2023)
100 Jahre nach ihrer Ausrottung kehren die Wölfe nach Deutschland zurück, einem dicht besiedelten und von Menschen dominierten Land. Das haben wir demokratisch entschieden. Der Film erzählt vom Leben der neuen Nachbarn und vom Leben derer, die alles daransetzen, dass diese neue Gemeinschaft gelingt.