Die Begründung der Jury: Romans Großmutter ist gestorben. Deshalb kommt der neunjährige Enkel aus seinem ukrainischen Dorf unverhofft in die deutsche Stadt, in der seine Mutter seit Jahren illegal als Pflegekraft arbeitet. In Deutschland trifft Roman nicht nur auf seine geliebte, liebende und lange vermisste Mutter Oksana, sondern auch auf den älteren Witwer Gert. Der entpuppt sich zunächst als titelgebender Rivale um die Gunst und Zuwendung von Oksana. Als er Roman offenbart, dass er Oksana heiraten möchte, wird er in Romans Augen zur Bedrohung. Nachdem Oksana mit einer Blinddarmentzündung – ohne Versicherung – ins Krankenhaus muss, flieht Gert mit Roman in ein Sommerdomizil, wo sich ein existenzieller Konflikt zwischen dem Witwer und dem Jungen entwickelt – ein Konflikt mit sehr unterschiedlichen Ausprägungen zwischen Feindseligkeit und Annäherung.
Regisseur Marcus Lenz, der zuletzt hauptsächlich als Kameramann gearbeitet hat, findet erstaunliche, überraschende und hochemotional aufgeladene Bilder, um Romans Zustand als hoffender und bangender Junge im gefühlten und gefürchteten Niemandsland jenseits seines Dorfes und seiner Familie zu beschreiben. Aber Lenz ist stets auch als Regisseur bei sich - und inszeniert das erstaunlich präsente und authentische Naturtalent Yelizar Nazarenko als mitreißende Hauptfigur eines Films mit einer unwiderstehlich emotionalen Geschichte, der es an originellen szenischen Ideen nicht mangelt.
Dass diese Geschichte wie nebenbei auch noch ein aktuelles politisches und gesellschaftliches Thema nicht nur streift, sondern auch anpackt, spricht für ein souveränes Verständnis von Kino.
Die Jury: Katharina Wackernagel (Regisseurin und Schauspielerin), Alfred Holighaus (Development Executive REAL FILM) und Max von der Groeben (Schauspieler)
Marcus Lenz wurde 1969 im Ruhrgebiet geboren. Auf ein Kommunikations-Design-Studium an der Folkwang Universität in Essen und an der UIAH in Helsinki, folgte sein Filmstudium an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin. Seine dortigen Mentoren prägten sein Filmschaffen maßgeblich. Durch einen Workshop des britischen Regisseurs Mike Leigh lernte Marcus Lenz viel über dessen Methoden der Improvisation, welche seitdem ein wichtiger Teil seiner Arbeit sind. Für die Regiearbeit an seinem Kinospielfilm CLOSE (2004) erhielt er diverse Auszeichnungen und hatte die Möglichkeit viele Festivals auf der ganzen Welt zu besuchen.
Tätig ist er vorrangig als Regisseur und Drehbuchautor und fand in seiner Tätigkeit als Kameramann für Dokumentar- und Spielfilme eine weitere Leidenschaft. Durch seine Erfahrungen in beiden Genres konnte Lenz sich einen feinabgestimmten Sinn für die jeweiligen Filmkunst erarbeiten. Aktuell ist er für den Deutschen Kamerapreis 2020 nominiert.