Howard Ziehm ist eine der Pionierfiguren der sexuellen Revolution – zumindest, was die Leinwand angeht. Mit seinem 1970 veröffentlichten MONA THE VIRGIN NYMPH inszenierte er den allerersten US-Porno-Spielfilm, der einen regulären Kinovertrieb erhielt, ganze zwei Jahre vor Gerard Damianos berühmt-berüchtigtem DEEP THROAT. Viele Darstellungen wirken aus heutiger Perspektive unzeitgemäß, aber seine Filme bleiben lebendige Dokumente einer Ära, die gerade, was die sexuelle Befreiung anbelangte, vieles auf den Kopf stelle. Howard Ziehm war mittendrin.
Es ist die Zeit der 1968er Generation, in der es schon ein politischer Akt war, sich Erwachsenenfilme anzusehen – und noch viel mehr, sie zu produzieren. Man lehnte sich gegen die Prüderie der Vorgeneration auf, die das Thema Sexualität völlig unter den Teppich kehrte, und machte das tatsächliche Leben sichtbar. Bis vor kurzem gab der sogenannte „Production Code“ von Hollywood unter Berufung auf angebliche moralische Werte vor, wie Filme auszusehen hatten: Nackte Körper oder Homosexualität durften nicht gezeigt werden, außereheliche Beziehungen durften nicht gerechtfertigt oder attraktiv gezeichnet werden, Leidenschaft sollte nicht auch die „niederen Instinkte“ des Publikums ansprechen.
Die Staatsgewalt versuchte, den unabhängigen, freizügigen Filme-macher*innen mit drakonischen Mitteln entgegenzuwirken: Die Regisseur*innen und Dar-steller*innen der expliziten Filme wurden wegen Zuhälterei und Prostitution angeklagt; Ziehm selbst stand u.a. einmal wegen „Verschwörung zum Oralsex“ vor Gericht. Immerhin war auch Oralverkehr unter den amerikanischen „Sodomy Laws“ eine Straftat – und die Planung und Durchführung einer solchen hätte als „Verschwörung“ mit mehreren Jahren Haft geahndet werden können.
Ziehms Filme sind damit vor allem in diesem Zeitkontext als Rebellion zu verstehen: Mit jugendlichem Ungestüm zerrte er Großaufnahmen von Sex und Körpern auf die Leinwände, pfiff auf alle Regeln und gab seinen Geschichten eine antiautoritäre Haltung, mit der er Bürgerlichkeit, Religion und allen Bildern des American Way of Life gewissermaßen den Schamhaar-Schnurrbart aufmalte. Bei ihm wurde die Sexualität öffentlich, notfalls zwangsweise – ob das Land nun dazu bereit war oder nicht.
Was Ziehms Filme dabei jenseits der offenherzigen Provokation auszeichnet, ist ein gutmütiger Humor: Mit spürbarem Kichern spielte er mit der Absurdität seiner Settings, dichtete auch schon mal das Märchen der Scheherazade zum Sexreigen um und unterwanderte ebenso schelmisch wie lustvoll die gängigen Vorstellungen von Anstand und Moral. Letzten Endes drehen sich seine Sexfilme auch immer um das Entdecken der Sexualität, um die freudige und manchmal auch erschreckende Reise zu einer offen gelebten Leidenschaft.
In Hommage an den Filmemacher Howard Ziehm zeigen die 58. Internationalen Hofer Filmtage vier Filme sowie einen Dokumentarfilm von Christian Genzel:
Christian Genzel
102 Minuten
Österreich
2024
Walter Cichy
Howard Ziehm
92 Minuten
USA
1973
Howard Ziehm, Michael Benveniste
86 Minuten
USA
1974
Linus Gator (alias Howard Ziehm)
77 Minuten
USA
1979
Howard Ziehm
102 Minuten
USA
1989