Anhand der Polemik rund um das Geburtshaus von Adolf Hitler in Braunau/Oberösterreich, entdeckt der Regisseur den Einfluss verborgener Nachwirkungen der NS-Vergangenheit seines Landes. Dabei wird besonders eine Frage aufgeworfen: Wie viel unaufgearbeitete Vergangenheit steckt immer noch in uns?
„Eigentlich wollte ich einen spannenden Umpolungsprozess filmisch begleiten: Ich hatte erfahren, dass die Sozialeinrichtung Lebenshilfe plante, das Geburtshaus von Adolf Hitler zu übernehmen. […] Aus dem ursprünglich einfach gestrickten Projekt wurde ein vielschichtiger Langzeitdokumentarfilm mit fünfjähriger Drehzeit.
In diesem langen Entstehungsprozess wurde mir sukzessive klar, dass die Stigmatisierung der Geburtsstadt Hitlers als ‚braune Stadt‘ und der institutionelle Umgang mit dem Geburtshaus letztlich eine wohl unerwünschte, aber dennoch treffende Metapher für die Nicht-Verarbeitung unserer österreichischen Täter- und Mitläufergeschichte ergibt. Denn auch wenn in unserem Land in den letzten Jahren viel für die Opfer des NS-Terrors gemacht worden ist, gibt es keine wirkliche Aufarbeitung unserer Täter:innengeschichte. […] Ich beziehe mich (hier) auf den Umstand, dass der Großteil von uns in Österreich von Täter-, Mitläufer- und Dulder:innen oder im NS-Staat Erzogenen abstammen und nicht von Opfern.
Statt in die eigene Familiengeschichte zu blicken, werden Schuldige immer im Außen gesucht und gefunden. So wird Braunau unverdienterweise zur ‚braunen Stadt‘ und dabei schuldig gesprochen. So wird ein altes Haus, in dem das Baby Adolf nur wenige Monate verbracht hat, zum ‚Geburtsort des Bösen‘ emporstilisiert. […]“
Günther Schwaiger