Eigentlich hat Jara alles: Sie ist glücklich verheiratet, hat beste Aussichten auf eine Karriere an der Universität, lebt in einer schönen Wohnung und kann sich auf ihre Familie verlassen, die trotz einiger Schwierigkeiten zusammenhält. Doch als sie dem viele Jahre älteren Arie begegnet, einem Freund ihres Vaters, gerät ihre heile Welt vollkommen aus den Fugen: Sie verfällt seiner faszinierenden erotischen und widersprüchlichen Anziehungskraft. Neugierig und lebenshungrig wirft sie sich in den Strudel einer Amour fou, die alle Dämme ihrer bisherigen Existenz niederreißt. Dabei erkennt sie nicht nur, dass ihre Eltern ein Geheimnis hüten, zu dem Arie der Schlüssel ist, sondern auch, dass keine Liebe, kein Mann allein ihr Leben bestimmen dürfen...
Liebesleben
Maria Schrader
„Was bewegt eine selbstbewusste, intelligente Frau wie Jara dazu, ihre Ehe, ihre Familie, ihren Beruf für einen Mann aufs Spiel zu setzen, der ihr kein Glück in Aussicht stellt, der sie schlecht behandelt, mit dem es keine Zukunft gibt? Ist es Masochismus? Oder eine merkwürdige Art von Märtyrertum? Sowohl für Männer wie Frauen, für alle, die von den Früchten der Emanzipation profitieren, ist LIEBESLEBEN immer wieder ein Schlag ins Gesicht. Aber Jara ist kein Opfer. Sie ist weder schwach noch blind vor Liebe. Sie benutzt Arie in demselbem Maße, wie sie sich von ihm benutzen lässt. Sie vollzieht eine Art Experiment an sich. Sie liefert sich ihm aus, fast jungfräulich, wie ein sauberes Löschblatt, das die Tinte aufsaugt, hungrig nach Erlebnis. [Sie ahnt in Arie eine Art Raubtier, einen Mann, der sie fordern und verletzen wird, der das Leben anders betrachtet als sie es kennt, anders als diese höfliche Form von Indifferenz, die sich in ihrem Zusammenleben mit Joni, ihrem Ehemann, vollzieht. Aries scheinbare Unabhängigkeit, seine Angstlosigkeit, seine Provokationen – das alles macht ihn so verführerisch, dass Jara sich ihm freiwillig unterwirft, auf der Suche nach dem zwingenden Umstand, sich entscheiden zu müssen, das Leben in seiner ganzen Kraft endlich zu spüren.
Ich glaube, viele Frauen befinden sich immer wieder im Konflikt mit unveränderten Koordinaten der Liebe, in denen Rollenzuordnungen weiterhin bestehen. Es gibt archaische Sehnsüchte nach Unterwerfung und männlicher Dominanz, die wir uns kaum eingestehen, weil wir sie doch überwunden haben wollen und weil sie unserem Selbstbild von Unabhängigkeit und Selbstbestimmung entgegenstehen.“]Maria Schrader